Gedenkfeier in Velpke zum 8. Mai, dem Tag der Befreiung.

Foto: Luigi Catapano

Am 8. Mai 2021 gedachten auf dem Velpker Friedhof  die Vertreter des IGM Wohnbezirks und der SPD-Ortsabteilung mit Kranzniederlegungen an die Opfer des Nationalsozialismus. Auch in Velpke sind Opfer zu beklagen, es waren 91 Kleinkinder und Säuglinge, die in einer "Ausländerkinderpflegestätte" zu Tode kamen, weil für ihre Versorgung nur unzulänglich gesorgt wurde. Diese sind auf dem Velpker Friedhof begraben.

Das folgende Video wurde von Luigi Catapano (IGM Wohnbezirk Velpke) erstellt:


Hier nochmal der Redebeitrag von Harald Ludwig von der SPD-Ortsabteilung:

Es gab eine Menge Gerüchte über das Heim, aber wir mussten natürlich still sein. Wir wohnten an der Hauptstraße, und wenn diese Frauen mit Kindern vorüber kamen, dann begannen die Leute zu flüstern und sagten: Großer Gott, da bringen sie noch mehr Kinder in das Heim.
Fünf Familien in den angrenzenden Häusern erhielten das Verbot der Gemeinde, das Heim noch einmal zu betreten.
Das war die Aussage einer Velpkerin als Prozess-Zeugin vor einem englischen Kriegsgericht.

Liebe Anwesende!
In Velpke wurden auch Kinder Todesopfer des Nationalsozialismus. Wie kam es dazu?
Mit eigens erlassenen Rassengesetzen hatte sich das Nazi-Regime angemaßt, Menschen als unwert zu erklären, um sie dann in Konzentrationslagern oder mit Zwangsarbeit zu erniedrigen und zu töten. Dabei machte man auch nicht vor Kindern halt.

Zwangsarbeit war eine wesentliche Säule von Hitlers Kriegsmaschinerie. So deportierte man Menschen aus den besetzten Gebieten nach Deutschland zur Zwangsarbeit. In Velpke wurden polnische und russische Frauen zur Zwangsarbeit in der Landwirtschaft eingesetzt, viele von Ihnen waren schwanger.
Um Zwangsarbeiterinnen nach einer Schwangerschaft schnellstmöglich wieder als Arbeitskraft nutzen zu können, wurden Ausländerkinderpflegestätten eingerichtet.

Ausländerkinderpflegestätte, was für ein Wort!
Mit einem Kinderheim hatte es nichts zu tun, denn in Velpke war das eine eilig umfunktionierte Wellblechbaracke am Ortsrand, es sollte für die Bevölkerung auch nicht so offensichtlich sein. So wurden dann den Müttern ihre Kinder weggenommen und in dieser Baracke untergebracht. Die Baracke war im Winter zu kalt und im Sommer zu heiß. Dabei wurde von Verantwortlichen auch billigend in Kauf genommen, dass die Pflege und Versorgung dieser Kleinkinder und Säuglinge nur mangelhaft organisiert war.

Durch die unwürdigen Umstände der Unterbringung und durch Unterversorgung kamen hier dann 91 Kleinkinder und Säuglinge zu Tode, die hier auf dem Velpker Friedhof begraben sind.

Nachfolgend zitiere ich Gerhard Schröder, der einmal folgendes gesagt hat:
Unter diese deutsche Geschichte lässt sich kein, wie immer auch gearteter "Schlussstrich" ziehen. Jeder Versuch, sich aus der historischen Verantwortung zu stehlen, ist zum Scheitern verurteilt. Dabei darf das Erinnern aber keine "Strafe" sein oder als "Aufrechnung einer deutschen Schande" denunziert werden.
Das Erinnern ist vielmehr unser aufgeklärter Schutzschild gegen ein Bedürfnis, welches sich angesichts der ungeheuren Verbrechen sträubt, unsere deutsche Geschichte anzunehmen.
Ohne Geschichte aber, gibt es keine Zukunft.
Auch der jungen Generation, die an den Verbrechen der NS-Zeit nicht beteiligt war, muss gesagt werden: Was damals geschehen ist, wird und darf nicht vergessen werden. Erinnern ist nicht nur eine Aufgabe des Verstandes, sondern auch des Herzens. (Zitat-Ende)

Ich kann in meiner kurzen Rede die Geschichte nur anreißen, aber in der Ausgabe der Velpker Chronik von 1996 ist sehr detailliert das Geschehen um den Nationalsozialismus in Velpke und um das Velpker Kinderheim beschrieben.

In der heutigen Zeit, wo Falschinformationen zur Regel werden und mit einer schwindenden Zahl von Zeitzeugen, sind Bücher wie die Velpker Chronik, ein wertvolles Hilfsmittel für Recherche und Information.


Kommentare